Gemeinsamer Brief der Jusos Schwarzwald-Baar, Bodense und Waldshut an die Bundesregierung:
Sehr geehrte Bundesregierung, sehr geehrter Herr Wissing, lieber Olaf,
bereits jetzt bietet die Deutsche Bahn kein ausreichendes Mobilitätsangebot. Verspätungen, Fahrplanänderungen und Ausfälle bei jeder Wetterverschiebung sind in unserer Region keine Ausnahme, sondern Alltag. Gleichzeitig setzt sich Deutschland hohe Ziele für mehr Nachhaltigkeit, ein attraktives ÖPNV-Netz und einen besseren Anschluss der ländlichen Räume. Auch für junge Menschen wird ein funktionierendes Schienennetz immer unverzichtbarer, um Universität, Arbeitsplatz und soziale Kontakte zu erreichen.
Mit Begeisterung nahmen wir die Einführung des 49-Euro Tickets auf. Eines unserer stärksten Argumente im zurückliegenden Wahlkampf dafür, dass die Regierung nicht nur redet, sondern handelt und die Lebensqualität seiner Bürgerinnen und Bürger verbessert. Umso unverständlicher ist es für uns, weswegen eines der spürbarsten Veränderungen der Ampel-Koalition im Zuge des erneuten Haushaltsstreites zur Wahrung der schwarzen Null angegriffen wird.
Durch die Streichung der Zuschüsse an die Bahn beziehungsweise deren Umwidmung zu Eigenkapital wird zwar die Schuldenbremse symbolisch aufrechterhalten, für die Bahn und ihre Nutzer sind die Folgen jedoch nicht lediglich kosmetisch. Die Deutsche Bahn muss gemäß dem Beihilferecht für Eigenkapital, welches der Bund ihr bereitstellt, eine angemessene Rendite erzielen.
Die Folge: Eine Erhöhung der Trassenentgelte im Schienenpersonennahverkehr (SPNV) um 23,5%, im Schienenpersonenfernverkehr (SPFV) um 10,1% und im Schienengüterverkehr (SGV) um 14,1%. Im Falle des Schaffens eines Kompensationsmechanismus werden lediglich die Kosten für den SPFV und SGV gedämpft, die Erhöhung des SPNV bleibt davon unberührt. Zur Folge hätte dies weitere Preissteigerungen für Bahnfahrende gerade im ländlichen Raum. Ist das zielführend? Wir sagen hier eindeutig NEIN.
Die Bahn benötigt eine klare und langfristige Strategie und Finanzierung, die nicht nach jeder Wahlperiode erneut ins Wanken gerät und von den neuen Koalitionsverhältnissen geprägt wird. Die Bahn benötigt Qualität und neues Vertrauen, damit sie an Attraktivität gewinnt und mit Freude statt mit Verdruss genutzt wird. Dafür braucht es ein konstant gutes Preis-Leistungsangebot. Zuvorderst bedeutet das, einen Preis für Bahnnutzer, der gegenüber individueller Mobilität konkurrenzfähig ist.
Auf andere Weise wird die Mobilitätswende nicht zu schaffen sein. Die Deutsche Bahn muss in Zukunft das Grundbedürfnis nach Mobilität in unserem Land decken. In diesem Sinn ist es in Frage zu stellen, ob ein gewinnorientiertes Unternehmen diese Aufgabe ausreichend erfüllen kann. Ländliche Räume müssen besser an das Netz angeschlossen werden, deutsche Pünktlichkeit und Verlässlichkeit wieder sprichwörtlich werden, zügige Routen ohne zeitraubende Stopps geschaffen werden und das Angebot für Geringverdienende leistbar werden. Nicht alles kann wirtschaftlich renditestark sein, für eine zukunftsfähige Mobilität in Deutschland bleibt das jedoch ein Gebot!
Die Streichung der Zuschüsse untermauert das die Probleme der Regierung nicht nur in ihrer Kommunikation liegen, sondern deutliche Organisationsmängel vorliegen. Die Regierungskoalition ist hochtrabend angetreten die Zukunft von Deutschland zu gestalten. Das Festhalten an Ideologien und das Hineinziehen von Sachthemen in die Parteipolitik behindern allerdings eine zukunftsorientierte Politik. Wir appellieren deswegen an Sie, von der Streichung der Zuschüsse für die Bahn Abstand zu nehmen und eine langfristige Strategie für den Bahnverkehr vorzulegen, die dem Standort Deutschland gerecht wird. Mit Überzeugung wollen wir die Erfolge der Regierung für den kommenden Wahlkampf nutzen.
Wir fordern die Bundesregierung eindringlich auf, diesen eingeschlagenen Weg zu überdenken und sich dafür einzusetzen, dass die Kosten für den Personennahverkehr nicht steigen.
Mit solidarischen Grüßen,
Die Jusos Schwarzwald-Baar, Bodensee und Waldshut