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Jusos: Dublin II muss überarbeitet werden

Veröffentlicht am 17.11.2011 in Pressemitteilungen

Teilnehmer

Flammendes Plädoyer für eine humanere Flüchtlingspolitik

Juso-Vorsitzender Daniel Künkel hätte keine bessere Referentin einladen können: Maike Wäscher machte im Sommer ihr Abitur am Gymnasium am Romäusring und ist seitdem ehrenamtliche Helferin bei Refugio. Somit war sie ganz nahe dran an den dramatischen Ereignissen um den jungen Flüchtling und Asylsuchenden Sidar Damba. Doch es ging nicht nur um den jungen Mann aus dem Südsudan. Maike Wäscher hat sich intensiv mit den Lebensbedingungen von Asylsuchenden in Italien beschäftigt, wohin nach dem Willen des ‚Bundesamts für Migration und Flüchtlinge’ Sidar wieder abgeschoben werden soll.
Sie schilderte in kurzen Worten den bisherigen Lebensweg des Flüchtlings:
Bis zum 12. Lebensjahr lebte er im Südsudan bei seinen Eltern und besuchte die Schule. Damals herrschte Bürgerkrieg. Seine Eltern wurden umgebracht und er wurde von UN-Soldaten in ein Flüchtlingslager im Tschad gebracht. Mit 14 verließ er zusammen mit einem Freund das Lager und arbeitete drei Jahre in Nordafrika, um sich das Geld für die Schlepper zu verdienen, die eine Europa – Überfahrt versprachen. Dabei ertrank sein Freund, und Sidar wurde in Italien als Flüchtling registriert. Er lebte einige Zeit in einem Lager und auf der Straße. 2010 gelangtes ihm, über die Schweiz nach Deutschland zu kommen, um schließlich als noch Minderjähriger im Kifaz in Villingen-Schwenningen Zuflucht zu finden. An der Hauptschule am Deutenberg ist er in einer Sprach-Förderklasse. Sein Ziel ist es, in ein bis zwei Jahren den Hauptschulabschluss zu machen.
Doch für das Bundesamt für Migration zählten werde die Integrationsbemühungen des jungen Mannes noch die Tatsache, dass er sich nach den traumatisierenden Erlebnisse der letzten Jahre in psychologischer Behandlung befand. Es zählte nur die Tatsache: „Er ist volljährig geworden, also kann man ihn abschieben.“ Die Umstände der Abschiebung waren und sind empörend. Nachts um 2 Uhr wurde er im Kifaz (Kinder- und Familienzentrum im Schilterhäusle) abgeholt. Am Frankfurter Flughafen eröffnete man ihm seine Abschiebung. Sein Rechtsbeistand wurde erst Tage später informiert. In Rom erhielt Sidar die Aufforderung, Italien innerhalb einer Woche zu verlassen. In dieser Situation fuhr Sidar nach Deutschland zurück, und die evangelischen und katholischen Gemeinden der Stadt gewährten ihm Kirchenasyl. Das Verwaltungsgericht in Freiburg setzte zunächst eine weitere Abschiebung aus. Ziel des Flüchtlings ist, sein Asylverfahren in Deutschland durchlaufen zu können. Maike Wäscher ging dann auf die Lage der Flüchtlinge in Italien ein. Nach wenigen Monaten in Flüchtlingslagern oder Heimen lande die Mehrzahl der Migranten auf der Straße. Medizinische oder anwaltliche Betreuung finde nicht statt.
In der anschließenden Diskussion wurde eine Forderung an die Landesregierung formuliert: „Baden-Württemberg setzt vorläufig eine Abschiebung von Flüchtlingen nach Italien aus.“ Dies ist, so die stellvertretende Landesvorsitzende der Jungsozialisten, Theresa Gaßmann, nichts Außergewöhnliches. Auch nach Griechenland würden derzeit keine Flüchtlinge abgeschoben.
Völlig uneinheitlich in Europa sind die Erfolgsaussichten eines Asylverfahrens. Es gibt Staaten, in denen etwa 20 Prozent der Verfahren positiv ausgehen, in anderen Staaten nur 2 Prozent – Deutschland liegt irgendwo in der Mitte. Deshalb die Forderung der Anwesenden, auf ein humanes europäisches Flüchtlingsrecht hinzuarbeiten, in dem die Asylverfahren und der Umgang mit Flüchtlingen angeglichen werden sollen. Der Kreisvorsitzende der SPD, Andreas Raschke, will sich dieses Themas annehmen. Die Jusos sind überzeugt, dass sich das Dublin-II-Abkommen nicht bewährt habe. Danach müssen alle Flüchtlinge in dem Land Asyl beantragen, in dem sie erstmals europäischen Boden betreten haben. Es habe sich gezeigt, dass mit dieser Regelung Länder wie Griechenland und Italien überfordert sind.
Einen ganz anderen Aspekt sprach Stadtrat Bernd Schenkel an: „ Wir sollten integrationswilligen jungen Leuten, die es schon als Kinder und Jugendliche nach Deutschland geflüchtet sind, eine Perspektive in Deutschland bieten!“ Als alternde Gesellschaft müsste Deutschland offen für junge Migrantinnen und Migranten sein, die sich in diese Gesellschaft einfügen wollen.

Foto: Die Jungsozialisten in der SPD hatten ‚Flüchtlinge in Europa’ in einer Veranstaltung thematisiert. Von links: Theresa Gassmann (stellvertretende Juso-Landesvorsitzende),
Maike Wäscher (Referentin von Refugio), Daniel Künkel (Juso-Vorsitzender VS), Maximilian Kempe (Juso-Vorstand)